1. Ein Lebensmittel mit der Verpackungsaufschrift
„Senkt den Cholesterinspiegel“
und/oder „Für einen ausgeglichenen Cholesterinspiegel“
ist nicht geeignet, bei einem durchschnittlich verständigen Verbraucher den Eindruck zu erwecken, es handele sich um ein zur Vorbeugung, Behandlung oder Heilung eines krankhaft erhöhten Cholesterinspiegels bestimmtes oder geeignetes Präparat.

2. Auch wenn der Wortlaut die Eignung zur Senkung auch eines krankhaft erhöhten
Cholesterinspiegels nicht ausdrücklich ausschließt, kann nicht angenommen werden, dass eine dahingehende Verbrauchererwartung hervorgerufen wird. Ein Hinweis auf cholesterinsenkende Wirkung im Lebensmittelbereich ist keineswegs unüblich.

So entschied das Verwaltungsgericht Minden mit Beschluß vom 29.06.2006 (6 L 201/06) und ließ damit die Herzen von Ballaststoff Getränkepulver-Networkern höher schlagen.

Das Gericht hatte sich mit der Frage auseinander zu setzen, ob dem streitgegenständliche Lebensmittel „C.M.“ durch die Werbeaussage, es könne den Cholesterinspiegel senken der Anschein eines Arzneimittels gegeben wird.

Dazu führt es aus:

„Abzustellen ist dabei auf den Eindruck, den Angaben und Aufmachung des Produkts nach allgemeiner Verkehrsauffassung hervorrufen, wobei allerdings das Verständnis der Verbraucher, deren Schutz die Regelung bezweckt, vorrangig zu berücksichtigen ist.
Die Kammer kommt nach – im Aussetzungsverfahren allein möglicher –
summarischer Ãœberprüfung zu der Auffassung, dass das streitgegenständliche
Produkt „C. M. “ in der vorliegenden Aufmachung nicht geeignet ist, bei
einem durchschnittlich verständigen Verbraucher den Eindruck zu erwecken, es handele sich um ein zur Vorbeugung, Behandlung oder Heilung eines krankhaft erhöhten Cholesterinspiegels bestimmtes oder geeignetes Präparat.

Krankheit ist jede, also eine auch geringfügige oder vorübergehende Störung
der normalen Beschaffenheit oder der normalen Funktion des Körpers; nicht
erfasst sind normal verlaufende Erscheinungen oder Schwankungen der
Funktionen, denen jeder Körper ausgesetzt ist, die seiner Natur oder dem
natürlichen Auf und Ab seiner Leistungsfähigkeit entsprechen.

Ein erhöhter Cholesterinspiegel jenseits der üblichen Schwankungen ist eine
Stoffwechselkrankheit. Der Cholesteringehalt im menschlichen Blut unterliegt
– ebenso wie etwa der Blutdruck – natürlichen Schwankungen, bei denen
folglich nicht jeder Erhöhung Krankheitswert zukommt. Die Grenze von einem
„erhöhten“, sich aber noch im Rahmen normaler Schwankungen bewegenden
Cholesterinspiegel zu einem solchen, der – im Einzelfall – schon als
behandlungsbedürftige Krankheit zu definieren ist, wird individuell
unterschiedlich und für jeden Menschen fließend sein und kann
selbstverständlich nur von einem Arzt festgestellt werden. Bewegt sich der
Cholesterinspiegel – womöglich permanent – gleichsam am oberen Rand der noch
als normal zu bezeichnenden Schwankungen, mag insoweit von einem
individuellen Gesundheitsrisiko (noch) ohne Krankheitswert gesprochen
werden. Ãœbersteigt indessen der Cholesteringehalt dieses noch hinnehmbare
Niveau, so stellt sich dieser Zustand selbst als Krankheit dar.

So LG Itzehoe, Urteil vom 27.04.2004 – 5 O 15/04 -, Magazindienst 2004, 1066
; vgl. auch OLG Hamburg, Urteil vom 29.08.2002 – 3 U 25/02 -, m.w.N., bei
juris = Magazindienst 2002, 1141 = LMuR 2002, 137 .

Die von der Antragsgegnerin beanstandete Aussage „Senkt den
Cholesterinspiegel“ weist lediglich auf die cholesterinsenkende Wirkung des
Produkts hin. Auch wenn der Wortlaut die Eignung zur Senkung auch eines
krankhaft erhöhten Cholesterinspiegels nicht ausdrücklich ausschließt, kann
nicht angenommen werden, dass eine dahingehende Verbrauchererwartung
hervorgerufen wird. Ein Hinweis auf cholesterinsenkende Wirkung im
Lebensmittelbereich ist keineswegs unüblich. Dies wird bestätigt durch den
Umstand, dass die EU-Kommission in einer Entscheidung vom 24.7.2000 (ABl. L
200/59 vom 08.08.2000) den Hersteller einer Diät-Halbfettmargarine im Rahmen
der Genehmigung des Inverkehrbringens als neuartiges Lebensmittel gemäß
Verordnung (EG) Nr. 258/97 verpflichtet hat, darauf hinzuweisen, dass das
Erzeugnis für Personen bestimmt ist, die ihren Cholesterinspiegel senken
wollen.

(…)
Da auch bei Personen, deren Cholesterinspiegel unterhalb der Schwelle zur
Krankhaftigkeit liegt, ein Interesse an cholesterinbewusster, d.h. zur
Senkung des Cholesterinspiegels führender Ernährung verbreitet ist und
dieser Umstand auch allgemein bekannt ist, verbinden die Verbraucher mit dem
bloßen Hinweis auf cholesterinsenkende Wirkung nicht die Erwartung, die
Verwendung dieses Produkts sei – wie ein Arzneimittel – zur Behandlung eines
krankhaft erhöhten Cholesterinspiegels geeignet.

Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die beanstandete Aussage auf der
Produktverpackung in engem räumlichen Zusammenhang mit einem erläuternden
Text steht. Danach soll die Einnahme des Produkts die „Ernährung mit
gesunden, natürlichen Ballaststoffen bereichern“. Des Weiteren soll der in
dem Produkt enthaltene Ballaststoff-Komplex helfen, die täglich empfohlene
Menge an Ballaststoffen aufzunehmen. Ferner wird darauf hingewiesen, dass
eine gesunde, ballaststoffreiche Ernährung den Cholesterinspiegel senken
könne. Diesen Angaben ist zwanglos zu entnehmen, dass die Einnahme des
Produkts lediglich die Aufnahme der täglich empfohlenen Ballaststoffmenge
bewirken soll. Dass dies bereits geeignet sein könnte, eine krankhafte
Erhöhung des Cholesterinspiegels im Sinne einer aktiven Senkung zu
behandeln, ist fernliegend, zumal der Umfang der cholesterinsenkenden
Wirkung durch den Satz „eine gesunde, ballaststoffreiche Ernährung kann den
Cholesterinspiegel senken“ vom Hersteller selbst wieder eingeschränkt worden
ist. Außerdem dürften insbesondere die von einer krankhaften Erhöhung
betroffenen Verbraucher durch ärztliche Behandlung und Beratung jedenfalls
in einem solchen Maße Kenntnisse über die Erkrankung haben, dass sie in
einer ballaststoffreichen Ernährung nicht ein zur Behandlung geeignetes
Arzneimittel sehen.

Entsprechendes gilt für die ebenfalls beanstandete Aussage „Für einen
ausgeglichenen Cholesterinspiegel“. Vor dem Hintergrund der weit
verbreiteten „cholesterinbewussten Ernährung“ lässt eine solche Formulierung
keine dahingehende Verbrauchererwartung entstehen, das so bezeichnete
Produkt sei zur Behandlung eines krankhaft erhöhten Cholesterinspiegels
geeignet.

Das mit Blick auf die beiden beanstandeten Aussagen gefundene Ergebnis wird
durch die Aufmachung des Produkts im Ãœbrigen nicht erschüttert. Der Vertrieb von Getränkepulvern ist im Lebensmittelbereich weit verbreitet und deutet
nicht auf das Vorliegen eines Arzneimittels hin. Gleiches gilt für die
Dosierungsempfehlung. Diese steht im Zusammenhang mit der angegebenen
Bestimmung des Produkts, nämlich der Zuführung der täglich empfohlenen Menge
von Ballaststoffen. Schließlich deuten auch die Warnhinweise nicht explizit
auf ein Arzneimittel hin. Ist nach alledem die aufschiebende Wirkung des
Widerspruchs hinsichtlich der Untersagungsverfügung wiederherzustellen,
überwiegt mangels vollziehbarer Grundverfügung das Aussetzungsinteresse des
Antragstellers auch hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung.“