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Mit Urteil vom 03.03.2016, Az: 408 HKO 3/16, bestätigte das Landgericht Hamburg eine zuvor ergangene Einstweilige Verfügung, die unsere Kanzlei für eine Mandantin gegen ein großes deutsches Direktvertriebsunternehmen erwirkt hat.
Damit wurde es diesem Unternehmen verboten, wie folgt zu werben:
„Gleich zwölf Mal sind wir von der Wirtschaftsuniversität im österreichischen Wien unter die „TOP 100“ und damit die 100 innovativsten Unternehmen des deutschen Mittelstandes gewählt worden*.“, ohne darauf hinzuweisen, dass es sich um ein kostenpflichtiges Auswahlverfahren handelt,
und
„Bereits 2005 wurde unser amtierender Aufsichtsratsvorsitzender und Gründer Herr XX in den Europäischen Wirtschaftssenat berufen.“, ohne darauf hinzuweisen, dass es sich um eine kostenpflichtige Mitgliedschaft handelt.

Das Gericht erkannte in den Werbeaussagen ohne den Hinweis auf die jeweilige Kostenpflichtigkeit eine unlautere irreführende Werbung gem. § 5a Abs. 1 UWG, da es sich bei der Kostenpflichtikgeit um eine wesentliche Information handelt, die den Lesern vorenthalten wird.
Die Auszeichnung „Top 100“ wird von der compmedia GmbH durchgeführt. Die teilnehmenden Unternehmen müssen zunächst eine Startgebühr von 300 EUR bezahlen. Sofern das Unternehmen zum Kreis der Finalisten gehört, werden noch einmal stolze 7.600 EUR fällig. Die Auszeichnung „TOP 100“ wird an 300 Unternehmen in 3 Größenklassen vergeben. Es ist somit sogar gut möglich, dass alle teilnehmenden Unternehmen (im Jahre 2015 haben sich 234 Unternehmen als Finalisten beworben) eine Auszeichnung erhalten.
Das Urteil ist nicht nur eine Niederlage für das Unternehmen, welches in diesem Rechtsstreit unterlag. Vielmehr stellt es auch das Geschäftsmodell der compmedia GmbH selbst in Frage, welches Millionen mit der Verleihung diverser Auszeichnungen verdient. Allein mit der Auszeichnung „TOP 100“ werden bei 300 Finalisten mindestens rund 2,4 Millionen EUR eingenommen. Dabei bietet die compmedia auch weitere Auszeichnungen an, wie z.B. „TOP JOB“ für angeblich herausragende Arbeitgeber. Dem Einwand, dass auch viele andere anerkannte Qualitätszeichen und Siegel nur nach Zahlung eines Geldbetrages verwendet werden dürfen, hielt das Gericht entgegen, dass nicht erkennbar sei, dass es sich hier um aufwandsorientierte Kosten handele. Vielmehr geht das Gericht davon aus, dass doch recht einfach gestrickte Auswahlverfahren mit verhältnismäßig geringem Kostenaufwand bewerkstelligt werden kann, und bemängelt, dass nicht festgestellt werden könne, dass in die Organisation und Durchführung des Auszeichnungsverfahrens das nötige Vertrauen gesetzt werden könne, um es als hinreichenden Beleg für die fachliche Berechtigung zu nehmen, dass sich die Unternehmen mit der Auszeichnung schmücken dürfen, zu den „TOP 100“ zu gehören.

Auch dem Europäische Wirtschaftssenat e.V. wird das Urteil nicht gefallen. Sein Geschäftsmodell besteht nämlich darin, seinen Mitgliedern, die man durchaus als eitel bezeichnen darf, die Möglichkeit zu geben, behaupten zu können, man sei „in den Europäischen Wirtschaftssenat berufen“ worden. Die Leser derartiger Aussagen bekommen selbstverständlich den Eindruck, derjenige sei in ein hohes Amt, wie z.B. eine staatliche bzw. europäische Institution, berufen worden. Tatsächlich handelt es sich um eine kostenpflichtige Mitgliedschaft in einem schnöden Verein, die selbst beantragt werden muss. Die Kosten belaufen sich auf 500 EUR Aufnahmegebühr und einem monatlichen Mitgliedsbeitrag in Höhe von 300 EUR. Das Gericht erkannte hier eine „Win-Win-Situation für alle Beteiligten, mit Ausnahme des angesprochenen Verkehrs“, die darin besteht, dass sich die Mitglieder gegen Zahlung der entsprechenden Gebühren, „mit dieser Bezeichnung, hinter der nicht wirklich etwas steht“, schmücken dürfen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Berufung ist bereits eingelegt, so dass das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg über diese Aussagen entscheiden wird.

Update 31.01.2017: Die Parteien haben nun einen Vergleich geschlossen, der u.a. zum Gegenstand hat, dass die Antragsstellerin ihren Verbotsantrag hinsichtlich der „Top 100“ zurücknimmt und die Antragsgegnerin das Verbot hinsichtlich der Werbung mit dem „Europäischen Wirtschaftssenat“ akzeptiert. Der Rechtsstreit ist damit beendet.